Außer Kontrolle
Es kann sich lohnen, diesen Text vor dem Stück nicht zu lesen.
Am 10.05.2024 hört Fleur Pusteblume, Intendantin an einem Theater, morgens im
Radio die Geschichte von Freddy, Hafenarbeiter in Deutschland 1924.
Doch während sich Fleur an diesem morgen -- wie jeden Tag -- anzieht, schminkt,
fertigmacht, bringen Freddy und seine zwei Kolleg:innen gemeinsam ihren Chef
"Die Fette Sau" um.
Die Geschichte inspiriert Fleur dazu ein neues Theaterstück zu inszenieren:
Die Geschichte von einer Gruppe Hafenarbeiter:innen, die ihren Chef ermorden.
Im Vordergrund steht weder für Fleur noch für Münze die Geschichte der
Arbeiter:innenbewegung, sondern der neue Theater-Skandal:
Der Tod des Chefs soll nicht bloß auf der Bühne
gezeigt, sondern er soll
erlebbar werden, indem nicht nur die Rolle stirbt, sondern die Schauspieler:in
selbst.
Mord auf der Bühne. Krank? Krank Genial!
Doch welche Schauspieler:in würde so etwas mit sich machen lassen?
Das Theaterstück "Außer Kontrolle" erzählt die Geschichte der Arbeiter:innen
parallel zu der eines Theaters, welches eine Schauspieler:in live auf der
Bühne sterben lassen will.
Es erzählt die Geschichte des Leidens unter den
diversen Zwängen einer Gesellschaft, die Menschen dahin treibt, eine solche
Rolle spielen zu wollen.
Es erzählt die Geschichte von scheiternden und außer kontrolle geratenden
Ausbruchsversuchen.
Es erzählt die Geschichte von dem Mord an einem Chef.
Doch wer ist der "Chef"? Eine Person? Eine Institution? Ein System?
Es erzählt die Geschichte vom Scheitern der Moral und der Hoffnung auf ein Leben
in dem Moral Wirklichkeit wird.
Es erzählt die Geschichte von Menschen, die einsam sind, die sich nicht anders
zu helfen wissen, als durch das Erlangen von Macht, die Mord in Kauf nehmen, um
Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die ihrer Einsamkeit keinen Ausdruck
verschaffen können, weil sich manches Leid schlicht nicht artikulieren lässt, es
sei denn Mensch redet mit einem Goldfisch.
Das Stück wurde über das letzte Jahr hinweg von der Gruppe gemeinsam
entwickelt und bewegt sich zwischen traditionellem und experimentellem
Theater. Bis auf wenige Ausnahme wurden alle Texte und ein Großteil der
Musik von der Gruppe selbst geschrieben.